Der gemeinsame Fachtag der Fachbereiche Umwelt und Global der NaturFreunde Baden-Württemberg am 8. 5. 2021 lud die Teilnehmenden zu einer Auseinandersetzung mit dem Lieferkettengesetz der Bundesregierung und auf europäischer Ebene, sowie einer Vertiefung des Bewusstseins für Fragen der Energiewende und der Klimagerechtigkeit, ein.

Die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes bedeutet einen großen Schritt für die verbindliche Verankerung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang globaler Lieferketten. Viele Bestrebungen Unternehmen zur freiwilligen Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu motivieren hatten wenig Erfolg. Uwe Kleinert von der Werkstatt Ökonomie in Heidelberg und Koordinator der Initiative Lieferkettengesetz in Baden-Württemberg betonte, dass das Gesetz und dessen Umsetzung somit einen Paradigmenwechsel bedeute. Dennoch gebe es insbesondere in vier Punkten einen dringenden Nachbesserungsbedarf des Gesetzesentwurfs. Uwe Kleinert legte dar, dass anders als im Entwurf des Lieferkettengesetzes der Bundesregierung die ganze Lieferkette erfasst werden müsse, im Bereich der Haftung und der Verantwortung für Umweltschutz deutlich nachgebessert und alle relevanten Unternehmen erfasst werden müssten.

Die Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Delara Burkhardt, brachte die Diskussion über ein Lieferkettengesetz auf Ebene der Europäischen Union ein und legte dar, dass der europäische Entwurf deutlich weitergehe als der Vorschlag der Bundesregierung. Dennoch müsse auch hier die Entwicklung in den nächsten Monaten begleitet werden. Außerdem stellte Delara Burkhardt einen zweiten Vorschlag für einen produktbasierten Ansatz für Sorgfaltspflichten, die Forderung nach entwaldungsfreien Lieferketten, vor.

Im Anschluss an die Beiträge von Uwe Kleinert und Delara Burkhardt diskutierten die Teilnehmenden des Fachtags die spezifische Gestaltung des Gesetzesentwurfs, die Verantwortung der Verbraucher*innen und der Politik sowie die Möglichkeit auch über internationale Handelsverträge Umwelt- und Menschenrechte verbindlich zu verankern. Die Aktion Lieferkettenbrief wurde als Handlungsmöglichkeit für Einzelne eingebracht und Delara Burkhardt erwähnte die gute Vernetzung auch mit der Initiative Lieferkettengesetz in Deutschland, um den Prozess auf europäischer Ebene zu begleiten.

Im zweiten Teil des Fachtags präsentierte Michel Köhler, Klimapolitikberater bei The Greenwerk, Einsichten in Fragen der Energiewende und der Klimagerechtigkeit. Er betonte die historische Verantwortung der USA und der EU für den Ausstoß von Treibhausgasen und die Energiewende als zentrales Element der Transformation. Außerdem zeigte er die Bedeutung von Sorgfaltspflichten entlang von Lieferketten für die Energiewende auf. Der hohe Rohstoffbedarf, etwa für Windanlagen oder E-Autos, mache deutlich, dass die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards auch hier zentral ist für die Umsetzung globaler Gerechtigkeit. Einen Handlungsansatz zu mehr Klimagerechtigkeit sieht Michel Köhler in der Finanzierung von Klimaanpassung und Klimaschutz in Ländern des Globalen Südens durch den Globalen Norden.

Die Teilnehmenden diskutierten sowohl eine differenzierte Sichtweise auf verschiedene Ansätze der Entwicklungszusammenarbeit, die Verantwortung der Finanzwirtschaft, als auch die Grenzen der grünen Technologien und damit zusammenhängend das Streben nach Suffizienz. Im Hinblick auf die Länder des Globalen Südens wurde die Bedeutung der Nutzung der Erneuerbaren Energien für die lokale Bevölkerung vor Ort betont, bevor eine Zusammenarbeit für die Versorgung in Deutschland angestrebt werden könne.

Der virtuelle Fachtag schloss an zwei aktuelle Entwicklungen an, die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes und die Verschärfung der Klimapolitik im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die drei Referent*innen konnten gute Einblicke in ihre Arbeit geben und spannende Impulse für die Diskussion mit den über 30 Teilnehmenden aus verschiedenen Landesverbänden der NaturFreunde liefern. Die Fachbereiche Umwelt und Global werden sich weiter mit Globaler Gerechtigkeit und der konkreten Gestaltung einer sozial-ökologischen Transformation auseinandersetzen.

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